Garten (4/2017)
Bieringer, Andreas
«Der Ort im Kloster, wo man Gott am nächsten ist, ist nicht nur die Kirche, sondern der Garten, dort erfahren die Mönche ihr größtes Glück.» Dieses Zitat stammt nicht etwa aus der Barockzeit, in der gerade die Klöster mit besonders prunkvollen Gartenanlagen ausgestattet waren. Der Weisheitsspruch wird vielmehr dem frühchristlichen Mönchsvater Pachomius zugeschrieben, der am Beginn des vierten Jahrhunderts in der ägyptischen Wüste die erste Klosterregel des Christentums, die als 'Engelsregel' bekannt ist, verfasste.
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Ruster, Thomas
Eine talmudische Legende erzählt, wie Mose vom Himmel her in das Lehrhaus Akiwas versetzt wurde. «Er ging hin und setzte sich zum Schluss von acht Reihen hin», also hinter eine große Schülerschaft. «Er verstand aber nicht, was sie sagten. Da verlor er seine Fassung». Als sie zu einer bestimmten Sache kamen, fragten die Schüler Rabbi Akiwa, woher er seine Lehre habe, und der antwortete: «Es ist eine Lebensregel an Mose vom Sinai. Da beruhigte sich sein Sinn» (Menachot 29b).
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Metzdorf, Justina
Es ist eine Eigenart der griechischen Übersetzung des Alten Testaments, der Septuaginta, dass sie für den Garten Eden das besondere Wort paradeisos anstelle des sonst üblichen kepos verwendet. Durch diese spezielle Wortwahl der Septuaginta bekommt jener Garten, in dem die Geschichte zwischen Gott und den Menschen beginnt, gegenüber allen anderen Gärten eine eigene Qualität: Als «Paradies» bezeichnet die griechische Bibel den Garten, in dem die Welt noch in Ordnung ist.
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Hersche, Peter
Auf den ersten Blick scheinen christliche Religion und Gärten direkt gar nichts miteinander zu tun zu haben. Höchstens lässt sich ein negativer Zusammenhang herstellen, nämlich die Vertreibung des ersten Menschenpaares aus dem Garten des Paradieses. Im folgenden geht es daher darum, historische Gartenanlagen im Rahmen von Institutionen und Personen mit christlichem Hintergrund in Augenschein zu nehmen.1 Zeitlich liegt der Schwerpunkt auf der Neuzeit, räumlich im katholischen Europa. Die letztere Einschränkung hat mehrere Gründe. Zunächst einmal die banale Tatsache, dass die protestantischen Länder vornehmlich im Norden liegen, die katholischen - und man ist hier versucht zu sagen, die «erzkatholischen» - in den Mittelmeerländern, im deutschsprachigen Raum auch eher im Süden.
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Steinmetz, Karl-Heinz
Wenn das Wort Garten fällt, stellen sich bei vielen Menschen positive Bilder und Emotionen ein. Dass diese Gartenromantik spirituell sei oder mit der Wurzel des Menschseins zu tun habe, erschließt sich auf den ersten Blick allerdings nicht, denn sie kann von ziemlich banalen Grundlagen abhängen: Hybrid-Rose, Dünger, Rasenmäher und Gartenschlauch. Dass ein Garten weit über diese Sphäre hinausreicht und existentielle, ja religiöse Bedeutung gewinnen kann, kommt einem freilich spätestens dann zu Bewusstsein, wenn man spirituelle Texte - in unserem Fall die Bibel - zur Hand nimmt: Laut Gen 2, 10 beginnt der Anfang der Weltgeschichte in einem Garten, nämlich in Eden.
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Schwillus, Harald
Schon seit der Frühzeit des christlichen Mönchtums in Ägypten gehört der Gartenbau zu den Traditionen dieser Form des kontemplativen Lebens in der Wüste. So erwähnt bereits im 4. Jahrhundert die Mönchregel des Wüstenvaters Pachomius den Klostergarten. Auch die für die lateinische Kirche bedeutende Klosterregel des Benedikt von Nursia bestimmt in Kapitel 66, dass innerhalb der Klostermauern ein Garten angelegt werden soll: «Das Kloster aber soll, wenn es möglich ist, so angelegt werden, dass alles Notwendige - nämlich Wasser, Mühle und Garten - und die verschiedenen Handwerksberufe innerhalb des Klosters ausgeübt werden können, damit keine Notwendigkeit für die Mönche besteht, nach draußen zu gehen, weil das für ihre Seelen keineswegs zuträglich ist.» (Benediktsregel 66,6-7)
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Zaborowski, Holger
Gärten erfreuen sich größter Beliebtheit. Viele Menschen nennen einen Garten ihr Eigen. Sie verbringen viel Zeit darin und scheinen weder Aufwand noch Mühen zu scheuen, ihren Garten zu gestalten. Sie ziehen Gemüse, sorgen sich um Obstbäume und pflanzen Blumen. Sie erleben, alleine oder im Familien- und Freundeskreis, nach getaner Arbeit Mußestunden voller Leichtigkeit im Garten. Ihr Garten gehört zu ihrem Haus und umgibt es nicht nur, sondern verleiht ihm ein Gesicht: freundlich, voller überraschendem Form- und Farbenspiel und einladend oder eher abgrenzend, klar und einfach strukturiert und schützend. Manch andere suchen ihr Glück in einem Kleingarten fern der eigenen Wohnung.
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Gassmann, Michael
Städtische Asphaltflächen haben es mancherorts schwer. Wird eine gesichtet, rücken die Hochbeetbauer an. Beete werden gezimmert, mit Erde gefüllt, bepflanzt und begossen. Irgendwann wird geerntet - und aus dem Parkplatz wird ein Acker, aus Stadt wird Land. Man nennt das Urban Gardening. Radikaler noch agieren die «Guerilla-Gärtner». Sie sind mit «Saatbomben» (zusammengesetzt aus Erde, Dünger und Samen) im Dschungel der Stadt unterwegs und lassen sie fallen, wo immer sich eine urbane Angriffsfläche bietet. Und plötzlich sprießt neben dem Gehweg Natur.
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Kleinschmidt, Sebastian
Was Schmerz ist, was Schmerzen sind, wussten Menschen schon immer, ausgenommen das Ursprungspaar im Garten Eden. Denn dort, an dieser denkwürdigen Stätte des Glücks und der Seligkeit, gab es keinen Leidzustand, kein Übel, nicht Mühsal und nicht Furcht. «Im Fleische höchste Gesundheit, im Geiste volle Ruhe», wie das unübertreffliche Wort von Augustinus lautet.
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Schüller, Thomas
Kein Tag vergeht, an dem Papst Franziskus nicht die Barmherzigkeit als Grundhaltung eines jeden Christen in den Mittelpunkt seiner Verkündigung stellt. Das von ihm ausgerufene Heilige Jahr unter dem Leitwort der Barmherzigkeit2 ist auch für den Kirchenrechtler ein Anstoß, über das Verhältnis von Barmherzigkeit und Gerechtigkeit vertiefter nachzudenken. An mahnenden Worten, es sich mit der Berufung auf eine unbedingte und unbegrenzte Barmherzigkeit bei der Rechtsanwendung, der Applikation von kirchenrechtlichen Normen, nicht zu leicht zu machen und dabei das Gebot der Gerechtigkeit zu missachten, das für Rechtssicherheit und Gleichbehandlung vergleichbar gelagerter Fälle sorgt, mangelt es nicht. Beredtes Beispiel hierfür ist beispielsweise die Ansprache von Papst Benedikt XVI. an die Römische Rota aus dem Jahr 2010.
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Thönissen, Wolfgang
Die Beziehung zwischen Schrift und Tradition ist bis in unsere Zeit hinein eines der am meisten diskutierten kontroverstheologischen Themen zwischen evangelischer und katholischer Theologie. Unterschiedliche Positionierungen in der Schriftfrage beherrschten die jeweiligen Theologien über lange Zeit. Auch wenn gewichtige einzelne Fragen noch ohne ausreichende Klärung sind, kann dennoch ein Konsens in grundlegenden Fragen des Schriftverständnisses festgestellt werden. Als gemeinsame Quelle von Schrift und Tradition erscheint das Wort Gottes, nämlich Christus selbst als das Fleisch gewordene Wort Gottes in der Überlieferung der Kirche. Die Schrift ist aus einem Traditionsprozess hervorgegangen und damit Produkt der lebendigen Überlieferung des Evangeliums von Jesus Christus. Die spätere Tradition kann danach als lebendige Gegenwart des Evangeliums verstanden werden. Somit ist die in der Kirche lebendige Schrift als überlieferte selbst in der Tradition lebendig.
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Schuler, Christian
In den 70er und 80er Jahren gab es unter Theologen und Germanisten (und besonders unter denen, die beide Fächer traktierten) angeregte akademische Debatten über «christliche Literatur». Reinhold Schneider, Werner Bergengruen, Graham Greene, Paul Claudel und Gertrud von Le Fort wurden einer mehr oder weniger faszinierten Re-Lektüre unterzogen und anschließend in aller Regel für obsolet erklärt. Zu direkt scheine in ihren Werken die christliche Botschaft auf, zu eindeutig entstammten die Autoren einem bestimmten religiösen Milieu, zu sehr unterwürfen sie ihr Erzählen dogmatischen Begriffen und definierten Glaubenswahrheiten.
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