Natur (5/2020)

Natur - Gefahr, Krise und Hoffnung

Zaborowski, Holger

Natur ist ein höchst aktueller Begriff. Diskussionen über die Notwendigkeit eines verbesserten Natur- und Umweltschutzes und die Einsicht in das Gebot der Nachhaltigkeit sind seit langem in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die ökologische Krise hat deutlich gemacht, dass die Natur nicht einfach eine Ressource ist, die man den Interessen des Menschen unterordnen kann. Die Ausbeutung der Natur wird sich irgendwann auch gegen den Menschen richten. Denn auch wir - Menschen - gehören zur Natur. Man kann die «Fridays for Future»-Bewegung aus einer Reihe von Gründen kritisch betrachten.

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Schutzgut Natur: Der neue Blick auf die Umwelt

Maier, Hans

Die Natur zu beherrschen durch Kultur - das galt in der Neuzeit als unbestrittener Auftrag des Menschen. Das Urbarmachen von Wäldern und Sümpfen, die Bestellung des Erdreichs, die Zähmung des Feuers, die Erschließung der Meere und Gewässer, zuletzt die Eroberung des Luft- und Weltraums - all diese Kulturtaten sind von der neuzeitlichen Philosophie ausdrücklich legitimiert worden in der Absicht, die Menschen «zu Herren und Meistern der Natur zu machen» (René Descartes).

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How dare we?

von Heereman, Franziskus

Der Befund einer zu großen Teilen menschengemachten, gefährlichen Erwärmung des Weltklimas ist ein mit naturwissenschaftlichen Mitteln erhobener Befund. Ob dieses Phänomen wirklich stattfindet, warum, in welcher Drastik und wie es sich verlangsamen und aufhalten lässt, sind alles Fragen, die nur von naturwissenschaftlichen Disziplinen bzw. von deren Kombination in einer Klimawissenschaft beantwortet werden können. Wie wir aber angesichts dieser Resultate, Prognosen und Hypothesen als Menschen weiterleben wollen, ist keine naturwissenschaftliche Frage, vielmehr eine ethische. Deswegen können uns die Klimawissenschaften nicht sagen, wie wir leben sollen.

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Nachhaltigkeit

Weiger, Hubert

Die Corona-Pandemie hat die Schwachstellen in unserer Gesellschaft und unserem Wirtschaftssystem offengelegt. Sie hat gezeigt, dass Deutschland, Europa und die ganze Welt der Risikoprävention und der Resilienz - das heißt, der Krisenfestigkeit zu wenig Bedeutung beigemessen haben. Die Gefahr solcher Pandemien ist jedoch nicht neu, sondern seit Jahrzehnten bekannt. Wie so häufig wurden aber die Warnungen in den Wind geschlagen und die Gefahren verharmlost. Dies hat jetzt zu gewaltigen Opfern geführt - sowohl an Menschenleben und bleibenden gesundheitlichen Schäden als auch zu Billionenschäden in bisher unvorstellbaren Dimensionen in der gesamten globalisierten Wirtschaft. Im Verlauf der Pandemie hat sich auch gezeigt, dass sich die Kluft zwischen Arm und Reich noch weiter verschärft. Die Reichen können sich besser schützen als die Armen. Das gilt sowohl national wie international, wo sich die Brennpunkte der Pandemie zusehends nach Südamerika, Afrika und Indien verschieben.

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Umweltschutz als Chance für mehr Subsidiarität in der katholischen Kirche

Blanc, Julia

Dass Umweltschutz und Kirche zusammengehören, sollte spätestens fünf Jahre nach Laudato si keine Überraschung mehr darstellen. Auch das Treffen Greta Thunbergs mit dem Papst1 und die verschiedensten aktuellen Publikationen zur Thematik wie auch die Konferenzen zur Thematik, unterstreichen dies. In eine ähnliche Richtung weisen Untersuchungen aus Sozial- und Religionswissenschaften, die einen «Franciseffect»2 feststellen, der das verstärkte «Greening»3 in unterschiedlichen Konfessionen und Religionen beeinflusse.

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Natur oder Schöpfung?

Gerl-Falkovitz, Hanna-Barbara

Alltagssprachlich werden die Wörter Natur und Schöpfung in der Regel (fast) synonym gebraucht. Von «Bewahrung der Schöpfung» sprechen auch Agnostiker, die hinter der Schöpfung keinen Schöpfer oder nur ein Fragezeichen (non liquet) vermuten. Umgekehrt macht im religiösen Wortschatz der flachere Begriff «Umwelt» Karriere: Kirchen setzen «Umweltbeauftragte» ein, Klöster profilieren sich mit Umweltschutz, soll heißen Bioanbau und Verringerung des CO2-Ausstoßes ...

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Franziskus und die Schöpfung

Riedl, Andrea

«Welchen Franziskus wollen Sie?» Das Auditorium einer Vortragsreihe zur franziskanischen Spiritualität war einigermaßen verblüfft über diese Einstiegsfrage der vortragenden Theologin - hatte man sich von ihr doch verlässliche und kompetente Informationen über die Person und das Erbe des berühmten Heiligen Franziskus von Assisi erwartet. Statt dessen verwies sie gleich zu Beginn auf das Franziskusbild als ein schillernd-buntes Mosaik, das im unvergleichlich reichen mittelalterlichen Quellenschatz und seiner Fortschreibung begründet liegt2 und worin je nach Epoche, je nach kirchenpolitischem Kontext und je nach pastoraler Notwendigkeit der Zeit bis heute unterschiedliche Steinchen beleuchtet und besonders betont wurden. «Jedem sein Franziskus, ist man fast versucht zu sagen [...]», so formuliert es der französische Historiker André Vauchez im Vorwort zu seiner umfassenden «Geschichte und Erinnerung»3 des Armen von Assisi.

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Vier Künstler blicken auf die Natur

Menges, Thomas

Im Laufe der Kunstgeschichte wurden unzählige Darstellungen der Natur geschaffen. Jede Auswahl ist daher unvermeidlich willkürlich - und wird noch willkürlicher, wenn sich die Bildauswahl auf die europäische Kunst beschränkt und ausschließlich moderne Werke berücksichtigt. Die vorgestellten Arbeiten zeigen verschiedene inhaltliche Zugänge und ganz unterschiedliche künstlerische Techniken. Die Künstler wollen uns Betrachtern ihren Blick auf Natur nahebringen, Empfindungen evozieren und zum Nachdenken anregen.

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Beethovens Missa Solemnis und das liturgische Gedächtnis des Christentums

Assmann, Jan

Im Jahre 1884 schrieb Max Kalbeck, der Brahms-Biograph, über Beethovens Missa Solemnis: «Sie ordnete sich nicht dem Dienst der Kirche unter, sondern nahm die Kirche selbst in sich auf».1 Die Missa verstand er als ein Oratorium, das sich von Kirche und Liturgie emanzipiert hat und im Konzertsaal aufgeführt werden kann, ohne an Sakralität zu verlieren, weil es «die Kirche selbst in sich aufgenommen hat». Neue Urteile bestätigen diese These. Sven Hiemke nennt die Missa «eine Messkomposition, die eines liturgischen Rahmens nicht mehr bedurfte, um als ein 'gottesdienstliches' Kunstwerk in Erscheinung zu treten.»2 Martin Geck schreibt 2017 in seinem Beethoven-Buch: «Musik soll Wirkungen hervorbringen, die bis dahin die Messhandlung selbst zu garantieren hatte. Anstatt sie zu begleiten, tritt die Musik virtuell an ihre Stelle.»3 In die gleiche Richtung wies bereits E.T.A. Hoffmann in seinem Essay über «Alte und neue Kirchenmusik», einem Gespräch der «Serapionsbrüder» über Beethovens 1807 entstandene C-Dur Messe op. 86: «Diese Musik ist ja der Kultus selbst, und daher eine Missa im Konzert, eine Predigt im Theater.»

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Moraltheologie aus gläubiger Verantwortung für die Menschen

Bormann, Franz-Josef

Moraltheologie lässt sich den einschlägigen Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils1 zufolge als diejenige theologische Disziplin definieren, die im kritischen Dialog mit verschiedenen Human- und Sozialwissenschaften auf die normativen Grundlagen menschlichen Handelns reflektiert, die Voraussetzungen und Entwicklungsmöglichkeiten sittlich qualifizierter Praxis auf argumentative Weise - d.h. vor dem Forum der natürlichen praktischen Vernunft - zu bestimmen sucht und so das biblisch inspirierte und von der Tradition je neu interpretierte und aktualisierte christliche Ethos intellektuell verantwortet. Aus Anlass des plötzlichen Todes von Eberhard Schockenhoff am 20. Juni 2020, der sich diesem Verständnis seines Faches stets verpflichtet fühlte und die moraltheologische Diskussion im deutschen Sprachraum in den zurückliegenden Jahren wie kein anderer geprägt hat, sollen nachfolgend einige besonders markante Züge seines vielfältigen Schaffens noch einmal in Erinnerung gerufen und ausdrücklich gewürdigt werden.

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Kirchen, Moscheen, Museen - und wieder Moscheen

Körner, Felix

Die Istanbuler Hagia Sophia ist wieder Moschee; ebenso die Chora-Kirche. Den Applaus und die Buhrufe kann nur einordnen, wer hinter die Kulissen schaut.

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Die «Gottesanbieterin»

Bieringer, Andreas

Wofür sind Gedichte eigentlich gut, wurde Nora Gomringer vor einiger Zeit gefragt. «Zur Fortifizierung, zur Selbststärkung, zur Erbauung», lautete ihre Antwort. Wie gut sich ihre eigenen Gedichte als «Kräftigungsmittel» in unsicheren Zeiten eignen, stellt die Bamberger Lyrikerin in ihrem aktuellen Band unter Beweis. Der ungewöhnliche Titel des 96 Seiten umfassenden Werkes ist Programm: «Gottesanbieterin». Auf einen Iota-Streit sollte man sich mit der Künstlerin nicht einlassen. Sie legt Wert auf den Unterschied zwischen anbieten und anbeten, auch wenn der Verlag mit dem silbrig glänzenden Cover des Bandes, auf dem sich zwei Füßchen eines Insekts rekeln, mit der semantischen Doppeldeutigkeit gekonnt spielt.

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Philippe Jaccottet

Hake, Joachim

Seit langem schon bettet Philippe Jaccottet seine Gedichte in den Lauf seiner Prosanotizen ein, webt aus Gedichten und Aufzeichnungen seine sanft leuchtenden und schillernden Texturen. Ihre Fäden sind aus vielen Elementen gewoben, aus Licht und Wasser, dem Wind, den Blumen und Vögeln und vielem anderen mehr. Nuancenreich und unaufgeregt laden sie den Leser ein, ihrem eleganten Rhythmus zu folgen, der wie eine vertraute Resonanz auf das Leben wirkt, das sie begleiten im diskreten Wechsel von fürsorglicher Nähe und seinlassender Ferne. Diese Texte entstehen seit Jahrzehnten im zurückgezogenen Leben in Grignan in der Provence. Die reichen Facetten alltäglicher Aufmerksamkeit spiegeln sich in den lyrischen Notaten und Notizen, den Aufzeichnungen und Reflexionen, kurzen Stücken, in denen Philippe Jaccottet die Gänge des Tages versammelt und geduldig darauf wartet, dass sich dessen innere Transzendenzen offenbaren und öffnen.

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