Aktuelle Ausgabe

Johannes Paul II.

Ausgabe: 6/2020
49. Jahrgang
 

Johannes Paul II. (6/2020)

Barmherzigkeit - das theologische Testament von Johannes Paul II.

Tück, Jan-Heiner

Johannes Paul II. wäre in diesem Jahr hundert Jahre alt geworden. Unvergessen ist, dass er am Ende seines Lebens zu einer Ikone des Gebrechens geworden ist, die auch kirchendistanzierte Kreise und Agnostiker menschlich berührt hat. Seine Hinfälligkeit, sein Nicht-mehr-Sprechen-Können hat er öffentlich gezeigt, als er am Ostersonntag 2005 stumm den Segen orbi et urbi erteilte. Für einen Augenblick hat er so die Imperative der westlichen Kultur, jung, schön, fit und erfolgreich zu sein, heilsam unterbrochen. Vielleicht mehr noch als in seinen unzähligen Ansprachen und Predigten ist er im stummen Leiden zu einem Zeugen der Transzendenz geworden. Der Tod ist nicht der letzte Horizont. Es gibt etwas darüber hinaus. Diese Botschaft, dass das Leben an Lebendigkeit verliert, wenn Altern und Sterben tabuisiert und ausgeblendet werden, ist gerade in Zeiten der Corona-Pandemie von ungebrochener Aktualität.

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Der Papst-Befreier

Maier, Hans

Das Jahr 1978 war ein Jahr dreier Päpste. Am 6. August starb Paul VI. Am 26. August wurde Albino Luciani, der Patriarch von Venedig, zu seinem Nachfolger gewählt; er nahm - erstmals in der Papstgeschichte - einen Doppelnamen an: Johannes Paul I. Er starb schon nach 33 Tagen an einem Herzinfarkt. Im folgenden Konklave neutralisierten sich die stärksten italienischen Bewerber, Siri und Benelli, gegenseitig. Daraufhin wurde - unter starker Mithilfe deutschsprachiger Kardinäle, vor allem des Wiener Kardinals Franz König - der Erzbischof von Krakau, Kardinal Karol Jozef Wojtyla, ins Spiel gebracht und am 16. Oktober 1978 zum Papst gewählt. Es war der erste Nichtitaliener seit 1522 und der erste Slawe auf dem Stuhl Petri. Er nannte sich, in Erinnerung an seinen Vorgänger, Johannes Paul II.

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Die entscheidende Begegnung

Tarnowski, Karol

Wir nannten ihn «Wujek». Wir, also eine Gruppe von Studenten und Studentinnen, vor allem naturwissenschaftlicher und technischer Richtungen, konkreten und exakten Menschen, aber auch einige Künstler gehörten dazu, und ein Philosoph. Karol Wojtyla, damals ein Priester, später der Papst, hatte die Gabe der ungezwungenen Autorität, die aus seinem Inneren ausstrahlte, aus der Tiefe seines Gebets und der intellektuellen Überlegung, der Kontemplation. Zusammen wanderten wir in den Bergen, in Bieszczady und in der Tatra, machten Kajaktouren auf vielen polnischen Flüssen und Seen. Er war ein echter Wanderer, stark, ausdauerfähiger als viele unter uns, konzentriert und selten redselig, aber gesprächsbereit.

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Johannes Paul II. - «Der beste Papst, den die Juden je hatten»

Henrix, Hans Hermann

Viele jüdische Frauen und Männer in Israel und der ganzen Diaspora hatten Anteil an der Trauer um den nach einem 26-jährigen Pontifikat am 2. April 2005 verstorbenen Papst Johannes Paul II. genommen. Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil war für die so belastete Beziehung zwischen Judentum und Christentum eine entscheidende Wende in Angriff genommen worden. Die Entstehung und Verabschiedung der Konzilserklärung Nostra aetate hatte dramatische Züge.1 Die Wirkungsgeschichte dieses Konzilsdokuments ist erstaunlich.

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Christus unser Friede

Mallmann, Bernard

Das Pontifikat Johannes Pauls II. gehört zu den längsten in der Geschichte der Kirche. Es war gekennzeichnet durch innerkirchliche Diskurse um die richtige Umsetzung des II. Vatikanischen Konzils und durch große weltpolitische Veränderungen wie den Fall der Berliner Mauer. Der polnische Papst, in der Nähe von Auschwitz aufgewachsen, wollte und konnte nicht zu den politischen Herausforderungen in seinem Heimatland und in der Welt schweigen, wenn er die Würde des Menschen1 gefährdet sah.

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Die Sozialverkündigung Johannes Pauls II.

Gabriel, Ingeborg

Die Wahl von Karol Wojtyl a im Herbst 1978 war politisch ebenso bedeutsam wie kirchlich. Sein Heimatland Polen lag damals hinter dem «Eisernen Vorhang» und Papst Johannes Paul II. wurde aufgrund persönlicher Erfahrungen mit den Totalitarismen zum wohl politischsten Papst des 20. Jahrhunderts. Er sah es aus tiefem Glauben als seine Lebensaufgabe, an den damals unverrückbar scheinenden Säulen des Staatskommunismus unter sowjetischer Dominanz zu rütteln. Kaum jemand wagte zu hoffen, dass dieser, militärisch bestens gerüstet, je einstürzen könnte.

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Veritatis splendor und Evangelium vitae

Schlögel, Herbert

Papst Johannes Paul II. ist aus Anlass seines 100. Geburtstags in vielfältiger Weise gewürdigt worden. Das gilt auch für seine ethischen Überzeugungen und ihre Auswirkungen.1 Aus dem umfassenden Werk von Johannes Paul II. in moraltheologischer Hinsicht sich auf die beiden Enzykliken Veritatis splendor (1993) und Evangelium vitae (1995) zu konzentrieren, ist vor allem dadurch begründet, dass in diesen beiden Enzykliken die moraltheologischen Kernanliegen Johannes Pauls II. formuliert sind, die innerkirchlich wie gesellschaftlich folgenreich waren.

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Der Codex Iuris Canonici als letztes Konzilsdokument?

Kowatsch, Andreas

Zehn Jahre nach dem Tod Johannes Pauls II. prägt sein legislatives Erbe die Gegenwart der Kirche mindestens so stark wie seine lehrmäßige Hinterlassenschaft.1 Die Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils ist zwar nicht auf die rechtliche Umsetzung seiner Lehren beschränkt, diese lässt sich jedoch ohne eine Würdigung der großen Rechtstexte des polnischen Papstes nicht adäquat erfassen. Als oberster Lehrer der Kirche widmete sich Johannes Paul II. rechtstheologischen und rechtstheoretischen Fragen in erster Linie aus dem Blickwinkel der Moraltheologie, aber auch aus jenem der christlichen Anthropologie.

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Karol Wojtyla und die Anfänge seines langen Denkweges

Böhr, Christoph

Philosophisch geprägt wurde Wojtyla vor allem durch zwei herausragende Gestalten, deren Namen heute noch nachklingen: Am Angelicum - der heutigen Päpstlichen Universität 'Heiliger Thomas von Aquin' - in Rom studierte - und promovierte - er mit einer Arbeit über Johannes vom Kreuz, dem spanischen Mystiker, bei Réginald Garrigou-Lagrange, einem französischen Dominikaner und führenden Thomisten seiner Zeit. Wojtyla erhielt bei ihm die bestmögliche Einführung in die Philosophie des Aquinaten; seine Dissertation widmet sich der Verteidigung der These, dass zwischen der Lehre des Doctor Angelicus - Thomas - und der des Doctor Mysticus - Johannes vom Kreuz - eine «kompromißlose Übereinstimmung» besteht.1

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Kirche auf gutem Grund?

Körtner, Ulrich H.J.

Vor 75 Jahren wurde die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), die Dachorganisation der 20 evangelischen Landeskirchen, gegründet. Im August 1945 fand die Gründungskonferenz im hessischen Treysa statt. Allerdings besteht kein Grund zum Feiern, befindet sich die EKD doch in der tiefsten Krise seit ihrem Bestehen. Für heftige Diskussionen sorgt ein Anfang Juni 2020 veröffentlichtes Strategiepapier, das grundlegende Reformen fordert.1 Statt jedoch für Aufbruchsstimmung zu sorgen, hagelt es Kritik. Tatsächlich zeigt das Papier mit dem Titel «Kirche auf gutem Grund», dass Feuer am Dach der Kirche ist. Die Corona-Pandemie wirkt als zusätzlicher Brandbeschleuniger, weil sie die schwindende gesellschaftliche Relevanz der Volkskirchen drastisch vor Augen geführt hat.

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«Parting of the Ways»

Tiwald, Markus

Die Frage, wann die Wege zwischen Judentum und Christentum auseinandergingen, ist derzeit eines der meistdiskutierten Themen neutestamentlicher Wissenschaft und enthält ein noch kaum genutztes Potential für den interreligiösen Dialog. Die Thematik der Trennung von Judentum und Christentum wird zumeist unter der catchphrase «Parting of the Ways» abgehandelt. Wann aber schieden sich die Wege tatsächlich?1

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Celan und Heidegger in Todtnauberg

Tück, Jan-Heiner

Paul Celan (1920-1970), der am 23. November dieses Jahres seinen hundertsten Geburtstag begangen hätte, hat in vielen seiner Gedichte versucht, den verstummten Opfern der Shoah einen Erinnerungsort in der Sprache zu verschaffen. Man hat seine Gedichte daher als poetische Kenotaphe bezeichnen können, als Textgräber für die unbestatteten Toten, besonders auch seine Eltern.

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Neuland

Zaborowski, Holger

Der Theologe, Religionsphilosophie und Publizist Thomas Brose ist ein katholischer Intellektueller, der immer wieder seinen Glauben in ein Gespräch mit der gegenwärtigen Kultur, mit Politik und Wissenschaft bringt. Engagiert folgt er dem Aufruf des 1. Petrusbriefes und gibt Rechenschaft von der Hoffnung, die in ihm ist. Brose hat nun ein Buch vorgelegt, das zur rechten Stunde kommt. Es handelt sich um, wie der Untertitel nahelegt, «Notizen», deren roter Faden darin liegt, dass sie Zeugnisse des eigenen Lebens- und vor allem Glaubens- und Denkweges sind. Von Hoffnung kann man ja gar nicht sprechen, wenn man nicht auch über sich selbst - das eigene Leben, den eigenen Glauben, das eigene Denken - spricht, über Erfahrungen, die man gemacht hat, über Widerstände, denen man begegnet ist, und über Chancen, die man ergriffen hat. Entstanden sind so Einblicke in das Leben eines ostdeutschen Katholiken - und sehr viel mehr.

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Heinrich Detering

Claussen, Johann Hinrich

Es gibt zu wenige Literaturwissenschaftler, die sich in dem Feld, das sie untersuchen, auch selbst versuchen. Nicht, dass dabei Meisterwerke herauskommen müssten, aber es könnte zumindest den literarischen Sinn der Literaturwissenschaftler selbst fördern. Bei der Lektüre mancher Forschungspublikationen kann man ja den Eindruck gewinnen, dass es einigen daran mangelt. Viel zu technisch-philologisch, akademisch-politisch, diskurs-bürokratisch geht es darin zu - wie in der Theologie.

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