Diakonische Kirche in säkularer Gesellschaft (3/2018)
Knop, Julia
Diakonie ist ein Dienst: die Zuwendung des einen zum anderen, die der eine nicht geben muss und der andere nicht einfordern kann. Seit alters her begreift die Kirche ihr diakonisches Tun nicht als ein gönnerhaftes Surplus in gesättigten Zeiten, sondern als eine ihrer Wesensdimensionen. Kirche ist Kirche, wo sie für Jesus Christus Zeugnis ablegt, sich dem Nächsten liebevoll und gütig zuwendet und Gottesdienst feiert. In Martyria, Diakonia und Liturgia kommt die Identität der Kirche, mehr noch: ihr sakramentales Wesen, zum Ausdruck. Hier wird Kirche erkennbar und unterscheidbar. Hier findet ihr Verhältnis zur «Welt», d.h. zu der umgebenden Gesellschaft und Kultur derer, die nicht Kirche sind, Gestalt.
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Knop, Julia
«Ist nicht die Zeit gekommen, dass die Kirche hier - zumindest in ihrer bisherigen historischen Form - im Sterben liegt? Und was kann sie aus ihrem Erfahrungsschatz jenen vermachen, die vielleicht einmal wieder an sie anknüpfen werden?»1 So fragt der tschechische Priester, Psychotherapeut, Soziologe und Religionsphilosoph Tomás Halík, der gegenwärtig als einer der wichtigsten Gesprächspartner zur Erneuerung von Kirche und Pastoral unter den Bedingungen einer säkularen Moderne gilt.
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Halík, Tomás
Viele empfinden die heutigen Turbulenzen innerhalb der Kirche als Spannung zwischen einer «konservativen» Strömung, die auf Rückkehr zu einem prämodernen Modell kirchlichen Lebens setzt, und einer so genannten «progressivistischen» Strömung. Bei Lichte besehen wird jedoch deutlich, dass beide so definierten Alternativen ideologische Fiktionen sind und keinen gangbaren, realen Weg aus der heutigen Krise bieten. In eine prämoderne Situation kann die Kirche als Ganze nicht eintreten, schon aus dem einfachen Grund, dass es diese Situation nicht gibt und die Kirche nicht über die Kräfte verfügt, eine solche gegen den Strom der Geschichte zu installieren.
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Brose, Thomas
«Die Kirche in der Siegfeldstraße stand jedem offen, der die Republik blamierte, und Andreas Wolf war eine solche Blamage, dass er sogar dort wohnte, im Keller des Pastorats.» 1 Treffsicher charakterisiert Jonathan Franzen in seinem jüngsten Roman Unschuld die späte DDR als ein Regime, in dem autoritär-bürokratische Traditionen nach 1945 nahezu bruchlos fortgeführt wurden. «Niemals hätte die Staatsgewalt ein Geständnis oder eine Denunzierung einfach nur diktiert und die Unterschrift erzwungen oder gefälscht. Es musste Fotos und Tondokumente geben, penibel mit Verweisen versehene Akten, die Berufung auf demokratisch erlassene Gesetze.
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Knop, Julia
Während bis in die 1960er Jahre über 90% der Deutschen einer Kirche angehörten, liegt der Anteil der Konfessionslosen in ganz Deutschland heute bei über einem Drittel der Bevölkerung. Die Christen stellen zusammen nur noch gut die Hälfte (katholisch: 28,5%; evangelisch: 26,5%). Diese quantitative Verteilung ist zugleich eine regionale: Während im Westen und Süden Deutschlands konfessionelle Diasporasituationen mit unterschiedlichen konfessionellen Mehrheiten herrschen, besteht in Teilen Nord- und Mitteldeutschlands sowie im Osten eine religiöse Diasporasituation.
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Feuersträter, Reinhard
Als ich vor 13 Jahren aus dem katholisch geprägten Münsterland in den Osten Deutschlands nach Halle an der Saale zog, um im Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara, einem Krankenhaus in katholischer Trägerschaft, meinen Dienst als Krankenhausseelsorger aufzunehmen, erfuhr ich eine Art Kulturschock. Bisher hatte ich überwiegend in einem Umfeld gearbeitet, in dem die meisten Menschen entweder der katholischen oder der evangelischen Kirche angehörten und auch die anderen einer christlichen Sozialisation kaum ausweichen konnten. Nun kehrte sich dieses Verhältnis um.
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Hauke, Reinhard
Der Friedhof hinter der Basilika San Lorenzo in Rom war für mich eine tiefe Erfahrung, wie Menschen aus christlichem Denken Denkmäler schaffen, die vermutlich Schulden verursachten, aber zum Ausdruck bringen, wie wichtig den Nachfahren die Ehrung der Toten ist und was es den Angehörigen bedeutet, die Toten in der Geborgenheit Gottes zu wissen. Der christliche Glaube hat diese Bestattungskultur über Jahrhunderte geformt.
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Giele, Gregor
Als im Jahr 2008 klar wurde, dass in Leipzigs Innenstadt die neue katholische Propsteikirche gebaut werden kann, stand der Pfarrgemeinderat der Gemeinde vor der Aufgabe zu formulieren, welche Botschaft das neue Kirchengebäude nach außen in die Stadtöffentlichkeit vermitteln soll. Relativ schnell setzte sich dabei der Gedanke durch, das neu zu errichtende Bauwerk nicht allein aus der Gemeindeperspektive zu denken, sondern wesentlich, ja sogar vor allem, «vom Passanten her».
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Kranemann, Benedikt
Man mag die Anlässe kaum aufzählen: die Amokläufe in Schulen und an anderen öffentlichen Plätzen, die schrecklichen Unfälle im Verkehr mit zahlreichen Toten, die Terroranschläge, die Naturkatastrophen. Der Einzelne und die Gesellschaft werden sich angesichts solcher Ereignisse immer neu der Grenzen des Machbaren und der eigenen Verletzlichkeit bewusst. Die Gesellschaft befindet sich im Katastrophenalarm. Sie muss sich um der Toten, aber auch um der Trauernden und Traumatisierten willen in irgendeiner Weise mit dem Geschehenen auseinandersetzen, Solidarität zeigen und Mut zusprechen. Wie geht es weiter angesichts des Grauens?
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Maier, Hans
Mit Kardinal Karl Lehmann, dem Bischof von Mainz (19832016), dem langjährigen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (19872008), dem Wissenschaftler und Autor verlor die Internationale Katholische Zeitschrift COMMUNIO am 11. März dieses Jahres einen ihrer Gründer. Vom Beginn der Zeitschrift bis in die jüngste Zeit nahm er an ihrem Schicksal teil: schreibend, beratend, in Umbruch- und Krisenzeiten tatkräftig helfend. Redaktion, Herausgeberschaft und Leserschaft der Zeitschrift verdanken ihm viel.
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Irlenborn, Bernd
Überlegungen, was Orte im Allgemeinen und sakrale Orte im Besonderen kennzeichnet, sind heutzutage nicht nur zur intellektuellen oder religiösen Orientierung von Bedeutung. Gerade in einer Zeit, in der sich die Grenzen von Ortsbestimmungen im Rahmen der globalen Mobilität und der Virtualität des Internets aufzulösen beginnen und sich eine Art instabilitas loci des Menschen als beständiger Lebens- und Arbeitsmigrant abzeichnet, scheint ein theologisches Bewusstsein um die Brüchigkeit und Gefährdung sakraler Orte unverzichtbar zu sein.
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Kronreif, Franz
Das II. Vatikanum brauche wie die Kirchengeschichte zeige Konzilsheilige, damit seine Aussagen unumkehrbar werden. Für den binnenchristlichen und den interreligiösen Dialog seien das Johannes Paul II. und in Zukunft vielleicht Chiara Lubich. Der Dialog mit Menschen nichtreligiöser Weltanschauung könne für Lubich womöglich ein Alleinstellungsmerkmal sein. Mit dieser Aussage unterstrich im Frühsommer 2013 ein emeritierter Bischof der Heiligsprechungskongregation die dogmatische und kirchenpolitische Dimension der Frage, ob für die Fokolar-Gründerin ein Seligsprechungsprozess eingeleitet werden soll.
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Salmann, Elmar
Das Gebet ist der vielleicht einzige Gestus des Menschen, der intim-privat und zugleich öffentlich ist, mystisch-personal (nicht notwendig persönlich) und rituell-geformt, oft anonym, gesellschaftliche Konvention und gemeinschaftsbildend, und in alledem in fast allen Kulturen völlig selbstverständlich. Seltsamerweise ist das Gebet im modernen Westeuropa schier unerschwinglich geworden.
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Stoll, Christian
Der historische Blick auf das «Heilige römische Reich deutscher Nation», dessen tausendjährige Geschichte 1806 endete, war lange von der Deutung dieses Endes bestimmt. War es überfällig und notwendig, dass das Reich unterging? Oder war es im Gegenteil ein Verlust?
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Lewitscharoff, Sibylle
Wie kein anderes berührt mich dieses Gedicht. Tief und erschreckend zugleich, faßt es an mein Herz. Schon als ich vor Jahrzehnten mit ihm bekannt wurde, war ich hingerissen und betrübt zugleich, mehr sogar: die Zeilen haben mich in Schrecken versetzt! Zunächst ist das ein zutiefst melancholisches Gedicht, dessen anfänglich hin- und herströmendes Wagalaweia etwas Einlullendes hat. In trauriger Schönheit fließt es dahin. Jedes der aufgerufenen Wesen, Tiere ebenso wie die Menschen und deren Eigenschaften, sind beschädigt. Die Schöpfung ist nicht nur unvollkommen, sie ist verletzt.
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