Abschied von der Hellenisierung? (4/2021)
Tück, Jan-Heiner
Als Paulus auf seiner Missionsreise die Schwelle zwischen Orient und Okzident erreichte, hatte er, so erzählt es die Apostelgeschichte, eine nächtliche Vision. «Ein Mazedonier stand da und bat ihn: Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns!» (Apg 16,9). Paulus überquert daraufhin den Bosporus und bringt das Evangelium nach Griechenland. Das ist ein epochales Ereignis, das die Geschichte Europas verändern wird.
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Schwienhorst-Schönberger, Ludger
Die Hebräische Bibel war die einzige altorientalische Literatur, die ins Griechische und Lateinische übersetzt wurde und damit die europäische Zivilisation grundlegend prägte. Von den großen literarischen Werken Ägyptens und Mesopotamiens wurde keines ins Griechische oder Lateinische übersetzt. Diese Literaturen wurden Europa erst durch moderne Übersetzungen, denen mühsame Entzifferungen vorausgingen, zugänglich. Der Übersetzung der Tora ins Griechische im 3. Jh. v. Chr. sowie den sich daran anschließenden Übersetzungen der übrigen biblischen Schriften in den folgenden zwei Jahrhunderten kommt somit eine weltgeschichtliche Bedeutung zu.
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Söding, Thomas
Am Ende seines öffentlichen Wirkens - Jesus ist zum letzten Mal während seiner irdischen Wanderungen in Jerusalem - kommen Griechen, erzählt Johannes, um Jesus zu sehen (Joh 12,20-21). Sie wenden sich nicht direkt an ihn, sondern gehen den Weg über Philippus - einen Apostel aus Bethsaïda, der einen griechischen Namen trägt («Pferdefreund»). Der wendet sich an Andreas (Joh 12,22), einen Jünger, der gleichfalls aus Bethsaïda stammt (Joh 1,40) und ebenfalls auf einen griechischen Namen hört («Starker»). Gemeinsam gehen die beiden Jünger zu Jesus, als Fürsprecher der Griechen.
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Fiedrowicz, Michael
Auf seiner mehrmonatigen Mittelmeerreise 1832/33 ließ sich Newman von historischen Reminiszenzen der umgebenden Landschaft zu verschiedenen Gedichten inspirieren. Eines davon trägt den Titel 'The Greek Fathers'. Darin wird u.a. Athanasius erwähnt, der «dem Klang sophistischer Gelehrsamkeit Einhalt gebot». Gemeint war die Lehre des Arius. Dass der aus Alexandrien stammende Häresiarch Newman auf der Fahrt von der spanischen Südküste Richtung Algier in den Sinn kam, war kein Zufall. Kurz vor Beginn der Reise hatte er sein patristisches Erstlingswerk über 'Die Arianer des vierten Jahrhunderts' fertiggestellt.
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Slenczka, Notger
In seiner sogenannten Regensburger Rede hat Benedikt XVI. durch ein Zitat den vieldiskutierten Eindruck hervorgerufen, er habe den Islam herabgewürdigt. Dass dem Papst dies fernlag, muss man nicht noch einmal betonen. Allerdings ist seltener notiert und häufiger beschwiegen worden, dass Benedikt sich viel eindeutiger als vom Islam vom Protestantismus und der dort vollzogenen 'Enthellenisierung' des Christentums und der damit angeblich vollzogenen Aufkündigung der Harmonie von Vernunft und Glaube distanziert (7). Das Thema der Rede war die Auseinandersetzung mit den Traditionen, die den Glauben in den Gegensatz zur Vernunft stellen und damit einem säkularistischen Verständnis der Wissenschaft den Weg ebnen (8f.).
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Mallmann, Bernard
Adolf von Harnack geht in seinen Vorlesungen über das Wesen des Christentums dem ursprünglichen Jesusbild nach und will es von einer Hellenisierung befreit wissen. Ein Jahrhundert später plädiert Benedikt XVI. in seiner nicht weniger berühmten Regensburger Vorlesung1 für ein Zusammenwirken von Glaube und Vernunft und stellt sich gegen den Vorwurf der 'Hellenisierung des Christentums' als Schwächung der ursprünglichen Botschaft Jesu.
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Eckholt, Margit
Über die post- und dekolonialen Methodiken, die in den letzten Jahren immer mehr auch in Theologie und Philosophie im europäischen Kontext rezipiert werden, wird die Debatte um die «Hellenisierung» christlichen Glaubens in einen globalen Zusammenhang gestellt und in einer grundsätzlichen Anfrage an das europäische philosophische Erbe zugespitzt. Die Debatte selbst hat angesichts neuer historisch-kritischer Methodiken und der Rückfrage nach dem «historischen Jesus» die Theologie der Moderne begleitet und in der These von Adolf von Harnack Anfang des 20. Jahrhunderts in einer besonderen Weise ihren Ausdruck gefunden in der grundsätzlichen Zurückweisung der metaphysischen Denktraditionen der griechischen Philosophie, über deren Rezeption es zur Ausgestaltung des christlichen Dogmas auf den ökumenischen Konzilien der Antike gekommen ist.
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Schloegl, Manuel
Auch wenn sich die heutige Forschung von der «Hellenisierung des Christentums» als einem negativ gefärbten Werturteil über die Verfremdung des biblischen Erbes durch die griechische Philosophie weitgehend abgewandt hat, scheint die Geschichte dieses Begriffs und seine Verwendung durch Adolf von Harnack doch weiterhin erhellend für die Sicht der christlichen Antike in den modernen Geisteswissenschaften zu sein.
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Kasper, Walter Kardinal
Es ist mir eine Freude, zur Eröffnung des akademischen Jahres* über ein Thema zu sprechen, das mich seit Anfang meines theologischen Wegs beschäftigt. Als junger Gymnasiast wurde für mich das Buch Der Herr von Romano Guardini prägend. Mein eigenes Buch Jesus der Christus, habe ich in der Nachkonzilszeit vor fast 50 Jahren geschrieben. So ist es für mich eine Freude, heute nochmals über ein Thema nachdenken zu können, das in meiner persönlichen Lebensgeschichte und das für jeden Christen von fundamentaler Bedeutung ist.
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Tück, Jan-Heiner
Es ist mir eine Freude, zur Eröffnung des akademischen Jahres* über ein Thema zu sprechen, das mich seit Anfang meines theologischen Wegs beschäftigt. Als junger Gymnasiast wurde für mich das Buch Der Herr von Romano Guardini prägend. Mein eigenes Buch Jesus der Christus, habe ich in der Nachkonzilszeit vor fast 50 Jahren geschrieben. So ist es für mich eine Freude, heute nochmals über ein Thema nachdenken zu können, das in meiner persönlichen Lebensgeschichte und das für jeden Christen von fundamentaler Bedeutung ist.
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Garhammer, Erich
Im August 2021 soll die Neue Nationalgalerie in Berlin wiedereröffnet werden. Das Museum von Bauhaus-Architekt Mies van der Rohe wurde mehr als sechs Jahre lang saniert, in zehntausende Einzelteile zerlegt und wieder zusammengesetzt. Am 29. April 2021 wurde das Gebäude feierlich an den Nutzer, die Staatlichen Museen, übergeben - pandemiebedingt rein digital. Die Neue Nationalgalerie ist ein Kunstobjekt im öffentlichen Raum: ein «Tempel der Moderne» - und das einzige Bauwerk, das der weltberühmte Bauhaus-Veteran Mies van der Rohe nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland realisierte.
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Schlögel, Herbert
Eine bereits vom Umfang her herausragende Veröffentlichung des Frühjahrs 2021 ist die Christliche Umweltethik (784 S.) des Münchener Sozialethikers Markus Vogt. Dieses «opus magnum», an dem der Verfasser nach eigenen Angaben zehn Jahre lang gearbeitet hat, erscheint mitten in der alle Menschen betreffenden Coronapandemie. Innerkirchlich steht darüber hinaus in Deutschland der synodale Weg, der als Folge des Missbrauchsskandals von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee initiiert wurde, im Blickpunkt.
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Benke, Christoph
... diese Fragen stellt Dorothee Sölle in ihrem Buch über Maria, die Mutter Jesu.1 Gewiss: Was die Bibel über Maria ausdrücklich sagt, ist nicht allzu viel. Doch die schmale Textbasis lässt von Anfang an eine Spur der Passion erkennen. Maria darf also, was Leidenschaft und Schmerz betrifft - «Passion» enthält ja beides -, durchaus als Auskunftsperson gelten. Wo Menschen, vom christlichen Glauben berührt, sich auf der Spur der Passion wiederfanden, suchten sie häufig bei Maria Trost und Halt. Über die Passion Marias tasteten sie sich weiter zur Passion Christi, um mit der Verheißung einer Auferstehung im Leid bestehen zu können.
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