Mensch und Tier (5/2022)

Editorial

Mayer, Tobias

Ganz selbstverständlich sind wir es gewohnt, zwischen Tieren und Menschen prinzipiell zu unterscheiden. Aber wie weit trägt so eine rasch bestimmte Grunddifferenz? Evolutionsbiologisch käme die Differenz ja recht spät, und ideengeschichtlich ist sie wohl erst bei Aristoteles anzusetzen. Sprache, Selbstbewusstsein, Freiheit, Erinnerung - das sind aus der Perspektive der Menschen einige der Wesensmerkmale, die den Tieren fehlen sollen. Aber was ist mit Emotionen und sozialem Kommunikationsverhalten, mit Empathie und Leidensfähigkeit?

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Tierethik und Theologie: Gegenwärtige Herausforderungen

Lintner, Martin M.;Mayer, Tobias;Paganini, Claudia

«Theologie der Tiere» - das ist ein Stichwort, das in den letzten Jahrzehnten in der Theologie aufkam und in den zurückliegenden Jahren durch die Dramatik der Klimakrise noch einmal kräftigen Rückenwind bekam. Früher hätte man unter dieser Überschrift eher exotische Fragen vermutet, wie die nach dem Himmel für Haustiere. Heute verbinden sich mit der Theologie der Tiere umfangreiche (nicht nur ethische) Fragestellungen, die weit in andere Bereiche der Theologie - Schöpfungstheologie, Anthropologie, Moraltheologie - hineinragen.

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Tierethik im Spiegel der Teleologiekritik

Baranzke, Heike

Bis vor wenigen Dekaden beschäftigte man sich akademisch mit Tieren in der Regel in zoologischen Fächern. An der geisteswissenschaftlichen Relevanz des Themas wurde noch gezweifelt - bis zur Ausrufung des «animal turn». Bis dahin galt als ausgemacht, dass man nicht über das Tier sprechen könne, ohne zugleich bzw. hauptsächlich von dem Menschen zu reden. Das Tier diente lediglich als Negativfolie, vor der die Rede vom Menschen umso heller strahlte. Heute sieht sich eine Thematisierung des Menschen, die dessen bio- bzw. zoologische Natur ausblendet, mit Anthropozentrik- bzw. Speziesismusvorwürfen konfrontiert.

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Gott und Mensch im Bild der Tiere

Staubli, Thomas

Die systematische Theologie tut sich schwer mit Resultaten der Kulturwissenschaften, zu denen auch jene biblischen Forschungen gehören, die sich intensiv mit Genese und Sinn der «Heiligen Schriften» in ihrem Entstehungskontext auseinandersetzen. Im Zusammenhang mit dem Mensch-Tier-Verhältnis führt sie den Dialog lieber mit einer Naturwissenschaft, die sich ihrerseits schwer tut mit historischen Kategorien. So lassen sich die Konstruktion von geschichtsloser, ewiger Physik/Natur und geschichtsloser, ewiger Metaphysik/Gott leichter aufrechterhalten. Doch die kulturwissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte führten zu einer neuen Wahrnehmung.

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«Du hilfst Menschen und Tieren» (Psalm 36,7)

Fischer, Georg

In den letzten Jahren sind Tiere und deren Wohl vermehrt in den Blick gerückt. Die oft nicht artgerechten Zustände in ihrer Haltung, ihrem Transport und ihrer Tötung stoßen zusehends auf Widerstand. Hier zeigt sich von menschlicher Seite eine Veränderung in der Beziehung zu ihnen und ein wachsendes Bewusstsein einer größeren Verantwortung ihnen gegenüber.

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Gefährlich poetisch

Horstmann, Simone

Dass die heutigen Theologien die Erkenntnisse der modernen Tier­ethik und der Human-Animal-Studies aufgreifen und auch für binnentheologische Fragen produktiv rezipieren, ist mittlerweile keine Seltenheit mehr. Ein umgekehrter Theorietransfer lässt sich gleichwohl eher selten beobachten. Das mag verschiedene Gründe haben - und nicht alle davon müssen derart grundsätzlich formuliert sein, wie es Niklas Luhmann bereits 1986 auf den Punkt gebracht hat, wenn er - für seine Verhältnisse reichlich polemisch - anmerkt...

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Wellensittich und Narziss

Schörghofer, Gustav

Wellensittiche sind muntere Vögel. Sie spielen gern und bringen Freude in viele Wohnungen. Zum Spielen werden runde Spiegel in die Käfige gehängt. Die Tiere sehen einen Gefährten, mit dem sie sich intensiv beschäftigen. Denn je lebhafter sie selber sind, umso lebhafter ist auch das Gegenüber im Spiegel. In ihrer Arbeit «Wellensittichspiegel» bezieht sich Gabriele Rothemann auf die Situation im Käfig. Zwei große runde Spiegel hängen von der Decke. Sie sind auf einer Seite bedruckt und zeigen eine bewegte Wasseroberfläche und einen Wellensittich. Die Spiegel der Rückseite bleiben unbedruckt.

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Warum über das Tier schreiben

Ziebritzki, Henning

Weil es, während du, mit Fragen beschäftigt, in die Flammen schaust, hinter deinem Rücken aus der Trockenmauer gekrabbelt ist und jetzt als etwas Rauhes über die Stufe rutscht; weil es aufhört, sich zu bewegen, lautlos auf der Stufe sitzt; weil es sich wieder bewegt; weil es rhythmisch am Komposthaufen scharrt, wo schon Dunkelheit herrscht; weil es pfeilschnell durch die Luft über dir kreuzt, die noch heller ist als der Garten, Bahnen wie in einem Bild von Cy Twombly, deutlich, austauschbar und nicht austauschbar, verschwindend; weil es sehr leise an der Blüte der Nachtkerze flattert, nicht mehr flattert; weil es überall im Garten ist, hörbar und unhörbar, unsichtbar und sichtbar wie der Käfer, der auf dem Aststück seinen Comicfigurschatten wirft...

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Die letzte Katze

Albinus, Anna

Schwer krank und den Tod vor Augen, arbeitete der gebürtige Luxemburger Jean Krier in seinen letzten Lebensjahren an einem neuen Gedichtband, der auf sein 2010 erschienenes und mit dem Adalbert-von-Chamisso-Preis ausgezeichnetes Werk Herzens Lust Spiele folgen sollte. Doch nur die Veröffentlichung einzelner Texte in Literaturzeitschriften wie Sprache im technischen Zeitalter (Heft 204/2012) zu erleben, war ihm vergönnt, bis er Anfang 2013 im Uniklinikum seiner Wahlheimat Freiburg im Breisgau verstarb. Den bereits geplanten Band gab der Lyrikconnaisseur und Verleger Michael Braun daher posthum unter Mithilfe der Ehefrau des Dichters, Elfi Krier-Clauß, im Leipziger poetenladen heraus, wo bereits der Vorgängerband erschienen war.

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Christliche Friedensethik und der Krieg in der Ukraine

Spieker, Manfred

Putins Krieg gegen die Ukraine hat die Friedensethik katholischer und evangelischer Theologen in Verwirrung gestürzt. Genauer, er hat eine seit über 20 Jahren anhaltende Verwirrung ans Licht gebracht. Es gibt unter den Sozialethikern zwar niemanden, der der Ukraine das Recht abspricht, sich gegen die russische Aggression zu verteidigen. Bei der Frage, ob die westlichen Staaten verpflichtet seien, der Ukraine mit Waffen zu helfen, ist dagegen schon mehr Unsicherheit zu spüren. Egal ob wir Waffen liefern oder nicht, «wir werden uns definitiv schuldig machen», meint der Bischof von Hildesheim, Heiner Wilmer, der auch Vorsitzender der deutschen Kommission Justitia et Pax ist.

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Zinsgroschen

Maier, Hans

I. Die christliche Scheidung der Gewalten (Zinsgroschengleichnis Mk 12,13-17) hat die Moderne, hat vor allem die demokratische Welt geprägt. Diese Scheidung steht in fundamentalem Gegensatz sowohl zu den antiken wie zu den in der Gegenwart neu erstehenden Gottesstaaten.

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Schlüsseljahreszeiten

Braun, Michael

Welche Werke der Kunst bleiben? Wie überstehen Bücher den Wechsel der Zeiten? Und was zählen die Stimmen der Dichter, die «Künstlerwerke», wie Thomas Mann sie nannte, was helfen uns die literarischen Lektionen aus der Geschichte? Nobert Hummelt hat darauf eine faszinierende Antwort gefunden: Es kommt nicht nur darauf an, die großen Kunstwerke zu lesen und fortzuschreiben. Viel spannender und auch lehrreicher kann es sein, von ihnen zu erzählen und ihre Geschichten in der Geschichte zu entdecken.

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«Ihr Uhren tief in uns»

Lermen, Birgit

Paul Celans Gedicht "Köln, Am Hof" - eine Annäherung

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